Title: Tom Waits "Das Hirn Hat Niemals Pause. Leider."
Source: Galore magazine vol. 4 (Germany). October/ November 2004. By Patrick Gro�mann. Thanks to Pascal Fricke for donating scans. �2004 Galore magazine/ Dialog GmbH.
Date: July 24, 2004. Little Amsterdam restaurant, Petaluma (USA). Published: October 2004.
Keywords: Real Gone, songwriting, politics, career

Magazine front cover: Galore magazine vol. 4 (Germany). October/ November 2004

Accompanying pictures
Source: Alice/ Blood Money promo picture as published in "People & Music"/ Van Leest (The Netherlands). April/ June, 2002. Also printed in Rolling Stone magazine (Germany) nr. 5. May 2002. Also printed in Galore magazine vol. 4 (Germany) October/ November 2004. Date: 2002 (1999?). Credits: photography by Anton Corbijn
Source: Galore magazine vol. 4 (Germany). October/ November 2004. Also printed in Spanish newspaper supplement, Tierra nr. 5. Date: 1999. Date: 1999. Credits photography by Anton Corbijn
Source: Galore magazine vol. 4 (Germany). October/ November 2004. Date: 1999. Credits photography by Mark Seliger? (credited to Anton Corbijn)
Source: Galore magazine vol. 4 (Germany). October/ November 2004. Date: 2002 (1999?). Credits photography by Anton Corbijn
Source: San Francisco Film Society official site. Also printed in Word Magazine December 2006. Also printed in Galore magazine vol. 4 (Germany). October/ November 2004. Date: San Francisco, Peter J. Owens gala tribute to Nicolas Cage April 22, 1998 (w. Kathleen Waits-Brennan). Credits: photography by: Pamela Gentile. Copyright 1998 P. Gentile and San Francisco Film Society


 

Tom Waits "Das Hirn Hat Niemals Pause. Leider."

 

24.07.2004 in Waits' Lieblingsbar ,Little Amsterdam' bei Petaluma, Kalifornien. Die Szenerie k�nnte einem Jim Jarmusch Film entsprungen sein: Im Innern der Bruchbude Pool Tische neben uralten Radioempf�ngem und Austern schl�rfenden Rentnern, dahinter ein gammeliger Trailerpark. Waits selbst wirkt staubig wie immer.

Herr Waits, ,VH1' sieht in Ihnen einen der einflussreichsten K�nstler aller Zeiten, Ihre Lieder werden von einer Vielzahl namhafter Kollegen von Johnny Cash bis Bruce Springsteen interpretiert. Es gibt niemanden, der Ihr Werk nicht zumindest respektiert. Wie f�hlt man sich als lebender Pop Mythos?
Tom Waits: (schleppend) Ach, ich wei� nicht.. ",eigentlich mache ich mir �ber so etwas keinen Kopf. Was das Gesch�ft betrifft, ist es zweifellos besser, wenn du ein gefragter Mann bist. Ihnen zu erz�hlen, dass ich es vorz�ge, wenn sich niemand um mich schert, w�re l�cherlich.
Es soll sogar eine allj�hrliche Veranstaltung namens ,Waitstock' geben, eine Art Treffen Ihrer Die Hard Fans. Das klingt schon fast ein wenig be�ngstigend.
Waits: (misstrauisch) Finden Sie? Ja, ich habe davon geh�rt. Leute versammeln sich, braten sich Eier mit Wurst und saufen sich schon nachmittags die Hucke zu mit anderen Worten: Sie tun das, wovon sie denken, dass ich es t�te. Nur sind diese Typen damit etwas sp�t dran, denn ich trinke seit jahren nicht inehr. Aber lassen wir ihnen doch den Spa�.
Zumal Ihre Karriere in der Tat au�ergew�hnlich ist. In �ber drei Jahrzehnten haben Sie mehr als 20 Alben aufgenommen, in �ber einem Dutzend Kinofilmen und Theaterproduktionen mitgewirkt, Soundtracks komponiert und mehrere B�cher publiziert. Kommt sich das nicht zeitweilig in die Quere?
Waits. Sie meinen die �berschneidungen? Erst heute morgen habe ich eine interessante Geschichte zu diesem Thema aufgeschnappt, von einer Lady, die 17 Jahre lang als Tresenkraft arbeitete, bevor sie schlie�lich vor kurzem doch noch umsattelte und einen B�rojob in der �rtlichen Kirche annahm. Als ich sie fragte, ob sich irgendwelche ihrer bisherigen Qualifikationen anwenden lie�en, meinte sie: "Alle! Das Wichtigste ist, dass mir die Menschen ihre Sorgen beichten k�nnen." So ist es in meinem Fall auch: Ob du nun Theater spielst oder eine Platte machst, die Essenz ist dieselbe. Beides ist ein kreativer Prozess.
Aber ist es nicht auch gerade der Wechsel der Disziplinen, der Sie anspricht und in Schwung h�lt?
Waits: Wom�glich, doch die �hnlichkeiten �berwiegen. Es f�hlt sich an, als w�rden Sie von einem gr�n gestrichenen in einen gelben Raum hin�ber laufen. Theater ist perrnanente Ver�nderung. Eine Platte dagegen ist eingefroren, statisch. Du fummelst so lange an ihr herum, bis sie dir gef�llt und das war's. Im idealfall kann einer das in 50 jahren auflegen, und die Aufnahme wirkt so frisch wie bei der Auslieferung aus dem Presswerk. Platten, Konservendosen mit Tomaten das ist dasselbe. Kino ist ebenfalls eingefrorene Aktion. Sobald alles nach deinem Geschmack ist, rufst du als Regisseur ,Stop!' und kannst nach Hause gehen. Theater dagegen ist wie ein Song, der niemals aufgenommen, sondern nur live vorgetragen wird.
Das klingt nicht gerade, als h�tten Sie f�r das Medium Film noch allzu viel �brig.
Waits: Ich bin mir zumindest nicht mehr so sicher, ob die Schauspielerei wirklich meine Kunstforrn ist. Das ist mir alles eine Nummer zu gro�. Mir ist ja oft schon meine Familie zu hektisch. (lacht) Ein Film ist ein riesiges Geb�ude, das stets kurz vor dem Einsturz steht. Blo� leben kann man nicht darin. Filme sind hilflose Versuche, das Leben zu konservieren.
Gleichwohl denken die meisten Menschen beim Namen Tom Waits automatisch an Zack, den Radio-DJ aus "Down By Law". K�nnen Sie sich den Film selbst noch anschauen?
Waits: Ja, ich habe ihn mir sogar erst vor ein paar Tagen gemeinsam mit meinen Kindern angesehen. War lustig! Was vielleicht auch daran liegen mag, dass ich mit all den Verr�ckten befreundet bin, die dort mitspielen. Von John Lurie �ber Roberto Benigni bis Jarmusch.
In der Weise, wie Sie als S�nger agieren, k�nnte man eine weitere interessante Parallele zwischen beiden Sph�ren erblicken: In Ihren Songs verk�rpern Sie nicht selten verschiedene Charaktere, indem Sie sich diverser Stimmen bedienen. Das wirkt oft wie Schauspielerei in Liedforrn.
Waits: Gut beobachtet. (�berlegt) Wissen Sie, Songs sind wie Geister: Sie kommen aus einer Art Voodoo-Reich und sprechen in seltsamen Zungen. Auf einmal stehen sie vor mir. Ich habe es schon als Kind geliebt mir Worte und absurde Dialoge auszudenken.
Wie kamen Sie konkret auf diese Technik?
Waits: Ich bin dar�ber gestolpert, als ich mich ausprobierte. Bob Dylan war der erste, der sich in den Sechzigern traute, als Songwriter sein Ding durchzuziehen, das hat mir ungemein imponiert. Dylan gab mir eine Menge Hoffnung und Mut. Ich arbeitete ja damals in einem Steakhaus. Als Bedienung.
Wo war das? In San Diego?
Waits: Um ganz genau zu sein: Es war nicht San Diego, sondern ein Kaff namens National City. Ein kleiner Segelhafen. Die Szene war ziemlich schr�g, aber hoch interessant: Wir hatten damals schon Tattoo Shops; direkt neben italienischen Restaurants und Gebrauchtwarenh�ndlern. Im ,Westemer' trat Hank Williams von Zeit zu Zeit auf und... (stockt) Sie wollen jetzt nicht meine gesamte Biografie abhaken, oder? Das langweilt mich n�mlich.
Nein, keine Sorge. Sie erw�hnten eben Bob Dylan. Was hat Sie als junger Musiker am meisten an ihm fasziniert: seine Musik oder die Texte?
Waits: Er war eine Vaterfigur f�r mich. Mein eigener hatte uns verlassen, als ich zehn war. Dylan schien klug, ironisch und ein bisschen verschroben, kauzig - alles Qualit�ten, die ich auch an meinem Dad liebte.
Es rnuss Sie mit Stolz erf�llt haben, dass Dylan Sie sp�ter seinerseits als ,geheiinen Helden' bezeichnet hat.
Waits: Ja, da war ich in der Tat sprachlos obwohl ich bis heute nicht wirklich verstehe, was ihn dazu bewogen haben mag. Ich meine, wenn der w�sste, dass ich mal versucht habe zu klingen wie eine ziemlich bedauernswerte Kombination aus ihm, Howlin' Wolf und James Brown ...
Erinnern Sie sich noch an den ersten Song, den Sie je geschrieben haben?
Waits: (lacht) Nat�rlich nicht! Wahrscheinlich war es die obsz�ne Parodie eines bestehenden Hits. Als Kind erfindest du etwa hundert am Tag. Genauso schnell sind sie schon wieder futsch. Meist sind die sogar die besten. Wissen Sie noch, wie viele Bilder Sie als Kind gemalt und achtlos weggeworfen haben? Wenn Sie als Erwachsener ein Bild malen, k�nnen Sie sich viel schwerer davon l�sen. Selbst wenn es der letzte Mist ist.
Geboren sind Sie in Pomona. Kann man den Ort mit der Gegend vergleichen, in der sie heute leben?
Waits. Oh nein. Pomona ist inzwischen ein Teil von Los Angeles. Dort, wo die ganzen Jahrm�rkte sind. Fr�her gab es da nichts weiter als Orangen, Z�ge, Pferde und Scheunen. Diese Bilder sind mir geblieben an das Pomona meiner Kindheit.
Wie waren Sie als Kind?
Waits: Ich wei� nicht. Ich hatte stets das Gef�hl, unbeobachtet aufzuwachsen. F�r mich gab es nur die Musik. Schon mit acht Jahren lernte ich Gitarre spielen; diese mexikanischen Dinger, wo die Saiten einen Zentimeter weit vom Griffbrett entfernt sind.
Es hei�t, sie h�tten schon damals gro�es Talent als Entertainer bewiesen, vor allem w�hrend des Unterrichts.
Waits: Zumindest war ich ein guter Stimmen Imitator. Ich konnte einen t�dlich trockenen ,Reader's Digest' Essay �ber Kochkunst nehmen und ihn in einer Weise vortragen, dass sich meine Klassenkameraden vor Lachen schier in die Hose pissten. Ansonsten hat mich die Schule eher verst�rt, besonders nach dem Weggang meines Vaters. (�berlegt) Seltsamerweise rekrutierte sich mein Freundeskreis zu 50 Prozent aus Strebern und zu weiteren 50 Prozent aus Motorrad Rockern und ich stand irgendwo hilflos dazwischen. Solche Gegens�tze ziehen sich durch mein Leben.
Lebt ihr Vater noch?
Waits: Ja. Er ist �ber 80 und haust in einem kleinen Apartment in L.A. Fr�her hat er in den Orangenfeldern gearbeitet, zusammen mit den Mexikanern, zuletzt als Spanischlehrer. Mein Vater hat nicht nur ihre Sprache gelernt sondern auch ihre Songs und durch ihn auch ich. Er spielte vor allem Mariachi-Musik. Ein sehr romantischer Mensch. Ich besuche ihn manchmal.
Bleiben wir noch einen Moment bei Vaterfiguren: In "Sins Of My Father" von Ihrem aktuellen Album "Real Gone" findet sich die interessante Phrase "Oh the heart is heaven/ But the mind is hell." Das h�rt sich beinahe an wie eine R�ckbesinnung auf eine Art kindlicher Naivit�t.
Waits: Es ist einfach die Wahrheit. Dein Hirn kann alles in den Dreck ziehen und blockieren, was du mit dem Herzen f�hlst. Es kann sich sogar als dein Herz ausgeben. Wie oft sind Gedanken als Gef�hle maskiert und legen uns aufs Kreuz? Selbst w�hrend man schl�ft, h�rt es nicht auf damit. Dein Hirn hat niemals Pause. Leider.
Gleichzeitig legt der Song eine politische Interpretation nahe: Speziell die dritte Strophe erinnerte mich sofort an den jetzigen US Pr�sidenten und seinen Vater. Oder geht es eher um ein generelles Verh�ltnis zwischen Vater und Sohn?
Waits: Damit ist Ihr Vater genauso gemeint wie meiner oder Bush senior. Sollten Sie ein Kind bekommen, dann sind Sie sogar selbst betroffen. Alles, was ein Vater tut, klebt an den Sohlen seiner Kinder, lebt fort. Gutes wie Schlechtes. Irgendwo hat jeder Mensch eine Leiche im Keller, wissen Sie.
Sie meinen, man kann seiner Farniliengeschichte nicht entkommen?
Waits: Zumindest nicht g�nzlich. Gleichwohl muss man es versuchen. Man w�scht sich jahrelang die H�nde, bis man schlie�lich auf eigenen Beinen steht und erwachsen ist. Aber sp�testens, wenn sie sterben, schluckst du das Schicksal deiner Eltern.
Insgesamt scheint "Real Gone" eine verbl�ffend offene politische Aussage zu vertreten. Ein Lied wie "Day AfterTomorrow" der Brief eines jungen Soldaten nach Hause ist Neuland f�r Sie.
Waits: Ich hatte etwas zu sagen, wollte aber gleichzeitig verhindern, dass ich nur auf die momentane Weltlage und den Konflikt im Irak festgenagelt werde. Diesen Brief k�nnte ebenso gut ein Gefreiter w�hrend des Konf�derationskrieges oder im Zweiten Weltkrieg verfasst haben, da besteht kein gro�er Unterschied. Bei einem Krieg gibt es per se blo� Verlierer. Beilegen ist die Devise nicht wegbomben. Bush aber hatte von Beginn an nichts anderes vor, als dieses Land zu besetzen. Egal, was der Rest der Welt f�hlt oder denkt. Die Idee eines humanen Krieges ist schlicht Bullshit.
Haben Sie selbst einst gedient?
Waits: Nein. Ich arbeitete als Feuerwehrmann, als es 1968 akut wurde. Bis heute ist es mir ein R�tsel, warum ich nicht eingezogen wurde. Viele meiner Freunde hatten weniger Gl�ck und kamen in Vietnam ums Leben.
Sie haben sogar einen Song zu einer Compilation namens "Future Soundtrack of Arnerica" beigesteuert, die einen Regierungswechsel unterst�tzt. Haben Sie das Gef�hl, dass ihre Landsleute mittlerweile verstanden haben, was f�r ein Verbrecher ihr Land regiert und w�hlen gehen?
Waits: Keine Ahnung, Mann. Meine Bef�rchtungen gehen in eine andere Richtung: Die Ausz�hlung wird dieses Jahr zum ersten Mal computergest�tzt vorgenommen, was Betrugsversuchen endg�ltig T�r und Tor �ffnet. Dieser Verbrecher hat es schon ohne diese Hilfestellung geschafft, Amerika zu verarschen warum sollte er es nicht abermals tun? Zudem t�uscht es etwas, wenn Sie wie ich in Kalifornien leben. Da denkt man schnell, das gesamte Land w�re �hnlich kritisch. Aber gehen Sie mal in den S�den oder Mittelwesten. Da erleben Sie als denkender Mensch lhr Armageddon.
Versuchen Sie doch mal, Ihre generelle Haltung gegen�ber Ihrem Heimatland und seiner kulturellen Identit�t zu beschreiben abseits aller tagespolitischen Fragen.
Waits: Ich empfinde mich als ein Mensch, der auf einer Stra�e verkehrt die viele, viele Jahre existiert. Nat�rlich interessiert mich die Hinterlassenschaft meiner Vorv�ter ob es sich dabei nun um 100 Jahre alte Musikaufnahmen oder B�cher handelt. Ich bin von allem beeinflusst, was um mich herum geschieht. Und dann schreibe ich Geschichten dar�ber.
Ich will nicht nur auf Musik hinaus. Durch Ihr gesamtes Werk zieht sich eine auff�llige Faszination f�r Dinge und lkonen, die man automatisch mit Amerika identifiziert: seien es Stra�enkreuzer, das schnelle Leben, Zigaretten und Whisky, billige Motels oder der Typ in seinem heruntergekommenen Caravan, den Sie einst in "Short Cuts" verk�rperten. Auch wenn es sich um die Kehrseite handelt: Das alles ist Amerika.
Waits: Das finde ich nur normal. Ich bin mit alledem aufgewachsen, begreife es aber nicht als �berlegen. Das w�re ja auch komplett bescheuert: Amerika ist aufgrund seiner jungen Geschichte der Mikrokosmos der Welt. Wir sind noch immer eine Art Feldversuch, wenn Sie so wollen. Die utopische Idee, dass du deine Heimat verl�sst und in dieses wundervolle Land jenseits des Ozeans auswanderst, wo Milch und Honig flie�en, hat sich ja l�ngst als v�llig korrumpiert erwiesen. Amerika verlangt von dir, dass du deine eigentliche Identit�t aufgibst, sobald du hier ankommst, dass du zu einem Volk verschmilzt doch das klappt nicht wirklich. Ein Mensch ist kein St�ck Butter, er strebt danach, sich von der Masse abzuheben.
W�rden Sie dennoch zustimmen, dass sich Ihre Sicht auf Amerika tendenziell gewandelt hat?
Waits: Vielleicht stehe ich dieser Nation mittlerweile ein bisschen realistischer und zynischer gegen�ber, kann sein. Es gibt Sachen, die ich an Amerika liebe, andere hasse ich zutiefst. Was glauben Sie, warum ich so zur�ckgezogen lebe hier drau�en? Wom�glich bleibt mir nur, meine eigene Gef�ngniszelle auszuschm�cken.
Was Sie musikalisch in sehr unterschiedlicher Weise taten. Nach einer Dekade, die durch sentimentale Jazz Folk Alben gepr�gt war und ihren H�hepunkt im Genre Klassiker "Heartattack & Vine" fand, markierte das vergleichsweise avantgardistische "Swordfishtrombones" einen radikalen Kurswechsel. Was war da passiert?
Waits: Ich hatte geheiratet. Und damit die Plattensammlung meiner Frau gleich mit. Kathleen hat nie gesch�tzt, was ich in den Siebzigem aufgenommen hatte; f�r sie war das alles ,Hobo Schei�e'. Sie fand immer, ich solle nicht so tun, als sei ich ein vom Leben gezeichneter Mann, der zu viel Burroughs und Kerouac gelesen hat. Am Anfang war es nicht leicht denn genau das wollte alle Welt in mir sehen. Inklusive meiner Plattenfirma, die sich sicher war, dass ich mit "Swordfishtrornbones" kommerziellen Selbstmord begehe. Zum Gl�ck lagen sie daneben.
Haben Sie sich nicht ver�ndert nach der Hochzeit? Ich bin erst seit einem Jahr verheiratet wahrscheinlich noch zu fr�h f�r eine solche Feststellung.
Waits: Nun, Sie werden sich �ndern, so viel ist sicher. Aber das kann ja auch zu Ihrem Besten sein. Mir jedenfalls hat es das Leben gerettet, da bin ich mir sicher. Ansonsten h�tte ich mich tot gesoffen. Ich war ein selbstmitleidiger Trottel, bevor ich Kathleen �ber den Weg lief...
... mit der Sie ja seither auch k�nszlerisch kooperieren, etwa als Songwriting Partnerin. Wie ist das, mit einem derart nahestehenden Menschen? Gibt das nicht manchmal auch Streit?
Waits: Ich sage Ihnen mal was: Wenn Sie mit einem Menschen Kinder gro�gezogen haben, dann ist eine Platte ein Fliegenschiss! Sie werden das noch herausfinden, glauben Sie mir. Das ist wie ein Ritt auf einem Feuerwerksk�rper: Manchmal z�ndest du einen an, und sie wirft ihn, dann wieder ist es genau umgekehrt. Wir sind einfach enorm eingespielt, sowohl privat als auch beruflich.
Wie hat man sich das dann vorzustellen? Sie sitzen zusammen und...
Waits: ... ja, genau. Am liebsten im Badezimrner, weil das so eine sch�ne Akustik hat. Mit einem Vierspur-Ger�t und sonst nichts. Unser Haus befindet sich hoch oben an einem sehr steilen Hang wenn du dort deinen Wagen abstellst und vergisst, die Handbremse zu ziehen und die Lenkung einzuschlagen, rauscht das Ding mit 120 Meilen ins Tal, direkt in einen See. Alles in diesem Haus ist ein bisschen schief: Murmeln rollen von allein in eine Ecke des Raumes. Daf�r klingt es absolut abgefahren, wenn ich dort meine Mund Rhythmen probiere. Unser Badezimmer hat einen sechs Sekunden langen Nachhall. Besser waren die legend�ren ,Sun' Studios auch nicht.
W�rden Sie zustimmen, wenn ich behaupte, Sie h�tten Ihr Markenzeichen, das man als einen Verkehrsunfall aus Tradition und Moderne beschreiben k�nnte, mit "Real G�ne" weiter zugespitzt? Das Ganze klingt wie ein komplett verrosteter Neuwagen.
Waits: (lacht) Ein rostiger Neuwagen? He, das gef�llt mir! (schreibt es auf eine Serviette) Ja, meine Musik ist eine moderne Ruine. Aber im Grunde betr�fe das unsere gesamte Umwelt, oder? Schauen Sie sich diesen Laden an mit all seinen alten Radioger�ten und dem Staub und dennoch gibt es da hinten eine moderne Registrierkasse und einen Internetanschluss. Die Zukunft trifft Dinge, die 200 Jahre auf dem Buckel haben. Diese T�pfe dort m�gen aus dem 18. Jahrhundert stammen. Ich hasse nichts mehr, als wenn man einen Film sieht, der in den Drei�igern spielt und ausnahmslos jeder Gegenstand ist aus dieser �ra. Das ist absoluter Mist. Wenn du aufnimmst, ist alles wertvoll, was einen Klang erzeugt.
Blo� das Klavier, sonst integraler Bestandteil ihrer Produktionen, haben Sie komplett abgeschafft. Wie kam es dazu?
Waits: Manchmal hilft es, wenn man sich die H�nde hinter dem R�cken zusammenbindet. Da erschlie�en sich auf einmal v�llig neue Kreativit�ts Ressourcen. Die Hand ist n�mlich ein sehr intelligenter K�rperteil. Sie will immer das tun, was sie bereits kennt. Die Finger lieben die Bekanntheit des Griffbrettes oder der Tastatur, und dann spielen sie alles �hnlich. Das wollte ich ihnen austreiben. Haben Ihre H�nde erst einmal dazugelernt, folgt das Hirn auf dem Fu�e, indem es die Synapsen neu verschaltet.
Sie sind verm�gend, haben nach wie vor Erfolg und eine intakte Familie. W�rden Sie sich als gl�cklichen Menschen bezeichnen?
Waits: Ich glaube schon. Sie werden den leicht reservierten Ton bemerken, mit dem ich das sage. Das gilt f�r diesen Moment. Diesen Ort. In 15 Minuten, drau�en vor der T�r kann sich das alles �ndern. L�nger als einen Tag h�lt so eine Phase bei mir nie an. (zwinkert) Happiness is a warm gun, right? :::

Notes:

N/A